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Interview mit Moritz Schüßler

„Berater sollten bei der Fondsauswahl sehr genau hinsehen“

Vanguard Produktstrategie ETFs
„Berater sollten bei der Fondsauswahl sehr genau hinsehen“

Moritz Schüßler ist Sales Executive bei Vanguard.

Vanguard

Deutschland ist stark geprägt von der Provisionsberatung. Doch immer mehr Berater stellen ihr Geschäftsmodell auf Honorarberatung um, erläutert Moritz Schüßler, Sales Executive bei Vanguard.

Gibt es in Deutschland einen ausreichend großen Markt für Honorarberatung, um ETFs anzubieten?
 
Wir stellen fest, dass immer mehr Berater hierzulande ihr Geschäft teilweise oder auch komplett auf Honorarberatung umstellen. Dabei zeigt die Praxis, dass Kunden diesen Schritt als echte Innovation begrüßen. Das deckt sich mit den Erfahrungen in anderen Ländern. In den USA zum Beispiel arbeitet inzwischen die Mehrzahl der Berater auf Honorarbasis, unabhängig von einem Regulierungszwang. Dadurch hat die Beratungsqualität zugenommen und die Berater können profitabler mit ihrem Kundenstamm arbeiten. Das heißt, wir sehen einen Trend vom Portfolio- zum Beziehungsmanager, bei dem Berater sich stärker auf ihre Kunden anstatt auf Portfolios konzentrieren. 

Auch in Deutschland können Berater so ihr Profil schärfen und profitablere Kunden gewinnen. Schließlich ist der Bedarf an qualitativ hochwertiger und unabhängiger Beratung sehr groß, da es immer mehr Anleger gibt, die neben der gesetzlichen Rente auch privat vorsorgen. Dass dabei ETFs eine zunehmend größere Rolle spielen, davon sind wir überzeugt. Schließlich sind sie für den langfristigen Vermögensaufbau zum Beispiel über ETF-Sparpläne eine ideale Lösung und immer mehr Endanleger erkennen deren Vorteile. Und was man auch nicht vergessen darf: Der Einsatz von Indexfonds lässt Beratern mehr Zeit für das Wesentliche: nämlich die Pflege der Beziehung zum Kunden und diesen beispielsweise in schwierigen Marktphasen an die Hand zu nehmen.
 
Nach welchen Kriterien entscheidet Vanguard, ob ein Fond aktiv oder als passive Variante aufgelegt wird?
 
Unsere Produktphilosophie orientiert sich an unseren Prinzipien für eine erfolgreiche Vermögensanlage. Deshalb spielen über unsere gesamte Produktpalette hinweg Diversifikation und Kosten eine sehr große Rolle. Im passiven Bereich bieten wir aus diesem Grund möglichst breit gestreute Kernbausteine für die Vermögensanlage an. Wenn wir aber in bestimmten Märkten feststellen, dass es möglich ist, eine nachhaltige Outperformance gegenüber der Benchmark zu generieren, legen wir auch aktive Fonds auf. Entscheidend ist für uns dabei aber immer, die Kosten möglichst gering zu halten. Zudem müssen aktive Fonds zum Anlegerprofil passen.
 
Welche Bedingungen müssen generell erfüllt sein, damit Vanguard einen neuen Fonds auflegt?
 
Tatsächlich überprüfen wir unsere Produktpalette im Hinblick auf die Bedürfnisse der Anleger laufend. Wenn wir einen neuen Fonds auflegen, orientieren wir uns an unseren vier Grundprinzipien erfolgreicher Geldanlage: langfristig denken, breit streuen, Disziplin wahren und Kosten kontrollieren. Zudem muss das Produkt skalierbar sein, damit wir Größenvorteile an unsere Kunden weitergeben können.
  
 Gibt es einen Trend zur Konsolidierung der Fondspalette?
 
Wir gehen davon aus, dass sich die Konsolidierung bei den Fondsgesellschaften fortsetzen wird. Zum Beispiel sind gerade Nischen- und Themenfonds immer wieder von Schließungen betroffen. Deshalb sollten Berater bei der Fondsauswahl sehr genau hinsehen und mit Anbietern zusammenarbeiten, die schon lange erfolgreich am Markt tätig sind. Laut einer aktuellen Studie des Fondsanalysehauses Morningstar hat Vanguard unter allen Anbietern am wenigsten Fonds geschlossen. Dabei spielt auch unsere genossenschaftliche Eigentümerstruktur in den USA eine wichtige Rolle, weil unsere Fondspalette ganz auf die Bedürfnisse unserer Anleger ausgerichtet ist. 
 
Welche Rolle spielt der Direktvertrieb für Vanguard? 
 
Für uns steht im Vordergrund, dass mehr Anleger ihre Anlageziele erreichen. Ob das direkt über Vanguard oder über Intermediäre geschieht, ist dagegen nicht entscheidend.
 
 Welche Rolle spielen unterschiedliche Vertriebskanäle bei Vanguard? 
 
Für Vanguard ist es wichtig, mit Intermediären zusammenzuarbeiten, die sich in erster Linie um das Wohl der Endanleger kümmern. Dabei sind wir der Ansicht, dass Anleger, die eine professionelle und qualitativ hochwertige Beratung in Anspruch nehmen, auch bessere Chancen haben, ihre Ziele zu erreichen. Deshalb haben wir das Vanguard 360 Beraterprogramm entwickelt, mit dem wir gemeinsam mit den Beratern Mehrwert für deren Kunden schaffen. Aber auch der Markt für Selbstentscheider und Direktbanken ist ein sehr erfolgreiches Geschäftsfeld.
 
Wie reagiert Vanguard auf die Konsolidierung der Vertriebslandschaft, sprich die sinkende Anzahl von Beratern und Filialen?

Um dem wachsenden Bedarf an Beratung gerecht zu werden, ist es unserer Ansicht nach entscheidend, das Vertrauen in die Branche und die Anlageberatung zu stärken. Dafür haben wir das bereits erwähnte 360 Beraterprogramm entwickelt. Damit wollen wir Impulse liefern, wie vor allem unabhängige Berater ihr Geschäft profitabler aufstellen oder mit ihren Kunden effektiver kommunizieren können. Auf diese Weise wollen wir unseren Beitrag zur Verbesserung der Beratungsqualität leisten. Gleichzeitig beobachten wir aber auch, dass eine neue Generation von Beratern in den Markt kommt, die einen hohen Anspruch an die Zufriedenheit ihrer Kunden hat.

Welche digitalen Mittel nutzt Vanguard, um neue Vertriebspartner zu gewinnen?

Neben den umfangreichen Informationen und Features, die unsere Homepage bietet, nutzt unser Vertriebsteam verstärkt Videotechnologie, um mit Beratern in Kontakt zu bleiben. Dazu kommen Webinare und größere Veranstaltungen wie das erstmalige  Audimax-Event im Mai diesen Jahres und unser großes Jahresevent, dass gerade im November stattfand das am 17. Mai erstmalig auch hybrid stattfinden wird. Zudem planen wir den Ausbau digitaler Tools für Berater.

Wie unterstützt Vanguard Berater bei der digitalen Gewinnung und Bindung von Kunden? 

Für Berater ist es entscheidend, Kunden proaktiv über die gesamte Kundenbeziehung zu binden. Deshalb versuchen wir ihnen beispielsweise im Rahmen unserer Advisor’s Alpha Studienserie zum Wert professioneller Anlageberatung oder mit unserem neuen Leitfaden für Verhaltenscoaching zusätzliche Impulse für die Kundenbindung zu liefern. Ferner unterstützen wir Berater durch praxisnahe Marketingunterstützung sowie zielgerichtete Webinare, ihren Mehrwert über einen strukturierten Beratungsprozess effektiv aufzuzeigen. Wir stellen dabei fest, dass junge Berater inzwischen nahezu ausschließlich digital arbeiten, und dass das sehr gut funktioniert. Unabhängig davon sind wir aber der Ansicht, dass die Zukunft der Beratung hybrid ist. Berater können zwar durch den Einsatz von Technologie ihre Prozessabläufe effizienter gestalten, aber Menschen entscheiden letztlich emotional. Deshalb bleibt die persönliche Beziehung des Endkunden zu seinem Berater ein entscheidender Faktor.
 
Vanguard
1975 gründete John C. Bogle die Investmentgesellschaft Vanguard, die genossenschaftliche Wurzeln in den USA hat und nicht börsennotiert ist. Vanguard legte 1976 den ersten Indexfonds für Privatanleger auf und verschaffte ihnen so Zugang zu transparenten, kostengünstigen Geldanlagen. Das Unternehmen zählt weltweit 50 Millionen Kunden und betreut ein Anlagevermögen von mehr als sieben Billionen Euro. 

 
Moritz Schüßler
Moritz Schüßler ist Head of Intermediated Retail und betreut Finanzberater und Intermediäre in Deutschland und Österreich. Er kam Ende 2018 zu Vanguard und hat zuvor im Kapitalmarktteam einer großen deutschen Bank gearbeitet. Moritz Schüßler hat einen BSc International Management der Universidad Pontificia Comillas (ICADE) Madrid und der ESB Business School in Reutlingen. Zudem hat er alle drei Level des Chartered Financial Analyst (CFA) Programms erfolgreich absolviert.

Dirk
Autor: Dirk Wohleb

Freier Wirtschafts- und Finanzjournalist