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Kundenorientierung

Wie sich Kunden bei Finanzdienstleistungen entscheiden

Informationsbeschaffung Suchprozesse Digitalisierung
Wie sich Kunden bei Finanzdienstleistungen entscheiden

Wer als Finanzberater eine Strategie konzipiert oder diese weiterentwickelt, muss wissen, wie Kunden ticken. Die zentrale Frage dabei: Wie, wo und was suchen Kunden im Internet?

Kunden zu verstehen und nah an ihren Bedürfnissen zu sein ist die Basis für den Erfolg von Finanzberatern. Daten helfen dabei, die Stellschrauben für eine kundenorientierte Vermarktung richtig zu stellen. Sie helfen auch, passende Angebote zu entwickeln – und darüber hinaus, neue Kunden zu gewinnen.

Kunden haben in den vergangenen Jahren ihre Kaufprozesse für Finanzdienstleistungen genauso intensiv digitalisiert wie bei anderen Dienstleistungen. Die Suche nach einer Baufinanzierung oder einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist allerdings deutlich komplexer als die Online-Buchung eines Hotels.

Auswahl eines Finanzprodukts ist ein komplexer Prozess

Die Auswahl eines Finanzprodukts ist ein Prozess, der häufig einer intensiven Beratung bedarf und mehrere Stufen umfasst. Wer zum Beispiel eine Versicherung sucht, um sich vor den finanziellen Folgen des Verlusts der Arbeitskraft abzusichern, steht vor einer anspruchsvollen Aufgabe. Er kann zwischen zahlreichen Versicherungen und Anbietern wählen, deren Leistungen und Tarife sich stark unterscheiden. Die individuell passende Versicherung lässt sich ohne Beratung durch einen kompetenten Berater kaum finden.  

Aber auch solch ein Kunde wird in der Regel im Internet nach Versicherungen und geeigneten Beratern suchen. Wenn ein Berater genau diese Dienstleistung anbietet, möglicherweise genau zugeschnitten auf die Zielgruppe des Kunden und seine Situation, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Kunde ihn kontaktiert. Aber auch auf Seiten der Versicherer selbst gilt es, transparent über Produkte zu informieren. 

Für Anbieter ist es daher von grundlegender Bedeutung, genau zu verstehen, was Kunden wünschen und wie sie danach suchen. Die Bereitschaft der Kunden, im Netz nach Beratung zu suchen, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Sowohl die Anzahl der Suchen nach lokalen Dienstleistern als auch das entsprechende Angebot im Netz haben stark zugenommen. 

Der Kaufprozess bei Finanzdienstleistungen teilt sich in drei wesentliche Schritte auf:

Schritt 1: Information
  
Kunden schließen früh Anbieter aus
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Die Informationsphase führt der Kunde heute fast vollständig im Netz durch. Kunden informieren sich entsprechend ihrem Bedarf und grenzen Anbieter und Produkte ein. Es entsteht in dieser Phase eine Vorauswahl von Anbietern die der Kunde im Auge hat. 
Kundenbewertungen sind das wichtigste Kriterium zur Beurteilung von Anbietern 
Verbraucher beginnen ihre Recherche – und treffen eine Vorauswahl für Anbieter. Diese Vorauswahl findet in der Regel ohne den Einfluss von Anbietern und ohne deren Kenntnis statt. Dabei sind Google, Vergleichsportale und Bewertungsportale die wichtigsten Informationsquellen. Das wichtigste Kriterium zur Beurteilung von Anbietern wiederum sind Kundenbewertungen. Nach der Informationsphase haben Verbraucher ihre Vorauswahl für Anbieter bereits getroffen. 

Wenn Anbieter in der Informationsphase nicht oder nur ungenügend sichtbar sind, werden sie von Kunden im weiteren Kaufprozess nicht mehr berücksichtigt. Der Wettbewerb ist also für einige Anbieter bereits verloren – und das in der Regel ohne Wissen eben dieser Anbieter.
Schritt 2: Interaktion

Kontakt und Vertrauen aufbauen 
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Verbraucher treten mit den ausgewählten Anbietern in Interaktion. Dabei spielen vermeintlich eher traditionelle Tugenden eine erhebliche Rolle: Sind Anbieter telefonisch gut erreichbar oder landet der Verbraucher in einem anonymen Voicemail-System? Rufen Berater zeitnah zurück? Fühlt sich der Kunde in seinen Bedürfnissen ernst genommen oder bekommt er den Eindruck, dass er vom Berater nur als „Vertriebsbeute“ wahrgenommen wird?
Vergleiche von Preisen und Konditionen sind in der Regel zu komplex 
Die Vergleiche von Preisen und Konditionen sind in der Regel für Verbraucher zu komplex: Bei den meisten Finanzthemen erkennen Kunden schnell, dass sie eine Beratung benötigen. Kundenbewertungen dienen in dieser Phase der Interaktion als Verstärker für Glaubwürdigkeit, als Bestätigung der Kompetenz und als positiver Treiber für Abschlussquoten. 

Gute Anbieter schaffen es, in der Phase der Interaktion die Beziehung zum Kunden so aufzubauen, dass eben nicht nur ein Abschluss getätigt wird. Im Vordergrund stehen das Verständnis und die Lösung des Kundenproblems. Auch hier gilt wie überall: Aus einem Problem kann man einen Nutzen schaffen. Eben dieser vom Berater gelieferte Nutzen bildet die Grundlage für eine beidseitig gewinnbringende Beziehung zwischen Anbieter und Verbraucher.
Schritt 3: Intensivierung
 
Nach dem Abschluss beginnt die Beziehung

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Für die Intensivierung der Kundenbeziehung nach dem Abschluss können Finanzdienstleister viel von Tech-Unternehmen lernen. Sei es Hardware- oder Online-Unternehmen, sie intensivieren die Kundenbeziehung nach dem Abschluss. So werden Weiterempfehlungen geschaffen, Cross-Selling und Up-Selling betrieben – und die Investitionen, die in den Vorphasen in die Kundenbeziehung getätigt wurden, in Vorteile für Kunden und Anbieter entwickelt.
Begeisterte Kunden sind die beste Werbung
In dieser Phase werden begeisterte Kunden zu besten Verkäufern. Direkt nach dem Abschluss geben Kunden in der Regel gute Bewertungen ab – auch und gerade um ihre eigene Kaufentscheidung zu bestätigen. Kundenbewertungen anderer dienen als Bestätigung nach dem Kauf – und führen zu einer besseren Kundenbindung und einer höheren Weiterempfehlungsrate.

Finanzberaterinnen und Finanzberater sollten sich eingehend mit der Frage beschäftigen, wie Kunden suchen, was sie suchen und wie sie sich für einen Anbieter oder ein Produkt entscheiden.
Was suchen Kunden im Netz?
 
Um näher an Kunden zu sein und ihre Bedürfnisse zu verstehen, ist es für Finanzberater wichtig zu wissen, wonach Kunden suchen. 90 Prozent der Suchen von Kunden nach Finanzdienstleistungen beziehen sich auf inhaltliche Themen wie die Immobilienfinanzierung. Nur eine Minderheit der Anfragen beschäftigt sich mit der direkten Suche nach einem Anbieter. Sie sollten daher vor allen Dingen inhaltlich punkten und überzeugen und über diesem Weg Kunden gewinnen. Für Finanzberaterinnen und Finanzberater ist es extrem wichtig zu wissen, was Kunden aktuell beschäftigt. Sie sollten sich darauf einstellen und entsprechende Inhalte zur Verfügung zur Verfügung stellen. Sei es auf ihrer Homepage, in Newsletter oder in sozialen Netzwerken.
Die Suchen auf Plattformen wie Google zeigen, welche Themen Kunden beschäftigt und was sie umtreibt. So sind zum Beispiel zu Beginn der Pandemie – bedingt durch den Lockdown und die damit einhergehenden Beschränkungen - die Suchanfragen nach Hotels massiv eingebrochen. Dagegen legten die Online-Suchen rund um das Thema Finanzen um 65 Prozent zu. Viele Menschen wollten wissen, wie sich die Pandemie auf ihre Finanzen auswirkt. Viele hatten auch mehr Zeit, sich um ihre Finanzen zu kümmern. Das Interesse an der Geldanlage hat im Zuge lange steigender Aktienkurse stark zugenommen.
Die Suchanfragen von Menschen hängen stark von äußeren Einflüssen ab  

Die Suchanfragen von Menschen im Internet hängen stark von äußeren Einflüssen ab. Mit dem Anstieg der Inflation fragen sich nun Menschen, wie und wo sie ihr Geld so anlegen können, dass sie ihr Kapital unter Berücksichtigung der Inflationsraten mindestens erhalten können. Finanzberaterinnen und Finanzberater sollten sich mit den brennenden Fragen ihrer Kunden beschäftigen und entsprechend reagieren. 

Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt eindeutig: Das Internet ist die erste Anlaufstelle, um sich auch in Finanzfragen zu informieren. Verzeichnete Google 2011 insgesamt und weltweit 1,1 Billionen Suchen pro Jahr, sind es mittlerweile sechs Billionen. Parallel zu dieser Entwicklung hat das Smartphone an Bedeutung zugelegt. Er ist nicht nur das Instrument, um das Zugticket oder das Hotel zu buchen, sondern sich auch in Sachen Finanzen zu informieren. Immer mehr Menschen steuern mit ihrem Smartphone die eigenen Finanzen, tätigen Bankgeschäfte, kaufen Aktien und Fonds. Sie können damit jederzeit an jedem Ort der Welt handeln. 
Kunden verlassen sich stark auf die Bewertungen von anderen. 58 Prozent der Verbraucher geben an, dass die Bewertung durch Sterne die wichtigste Information über einen Dienstleister ist. Die digitalen Bewertungen von Hotel und Restaurants, aber auch von Finanzberaten werden zu einem immer wichtigeren Aushängeschild. War es früher die persönliche Empfehlung, rücken heute digitale Bewertungen in den Fokus. Kunden können sofort und direkt die Qualität eines Dienstleisters bewerten. Schneller und direkter geht es nicht. Kein Wunder also, dass Bewertungen in einer zunehmend digitalen Welt stark an Bedeutung gewonnen haben.

Wie wählen Kunden einen Anbieter aus?

Wenn potenzielle Kunden zum Beispiel nach einem Haus suchen, wünschen sie individuelle Antworten, die sie zu ihrem Wünschen und Bedürfnissen passen. Sie suchen einen Partner, der sein Problem am besten lösen kann. In der Praxis gehen die wenigsten Kunden wirklich systematisch vor. In der Regel schauen sich Kunden eben nicht zehn verschiedene Anbieter an und erstellen dann eine Tabelle, um den „richtigen“ Anbieter zu finden. Viel mehr scannen Suchende eine Liste von Beratern und entscheiden dann, wer am besten passt. Im Prinzip funktioniert dieser Suchprozess wie bei Partnerschaftsportalen. Wo die Übereinstimmung am größten ist, fühlen sich Suchende gut aufgehoben. 
Dirk
Autor: Dirk Wohleb

Freier Wirtschafts- und Finanzjournalist