Interview mit Dr. Jörg Koschate
„Eine sinnvolle Strategie sollte nicht zwischen Online- und Offline-Kampagne trennen“
Online Banking persönliche Beratung Digitalisierung Kundennähe Kunde
Dr. Jörg Koschate, Vorstandsmitglied der LBS NordWest
Banking ist noch längst nicht auf Online-Banking reduziert und der persönliche, menschliche Kontakt behauptet seine Relevanz. Gleichzeitig schreitet die Digitalisierung unseres Alltags immer schneller voran und stellt die Banken vor immer neue Herausforderungen, nicht zuletzt regulatorischer Natur. Zeit für einen Blick darauf, wie Kundennähe heute verstanden wird und wie Kunden bei ihren Entscheidungsprozessen begleitet werden. Fragen an Dr. Jörg Koschate, Vorstandsmitglied der LBS NordWest.
Herr Dr. Koschate, was haben wir aus den Erfahrungen der vergangenen 20 Jahre über Kundennähe und digitale Kanäle gelernt?
Die wichtigste Erkenntnis dürfte sein, dass die digitale und die „normale“ Welt zusammengehören und mehr und mehr verschmelzen. Kunden treffen diese Unterscheidung auch gar nicht. Für sie ist Digitalisierung nicht losgelöst, sondern ein immer selbstverständlicherer Teil unseres Lebens. Sie dient dazu, Lösungsansätze zu unterstützen und sie einfacher, schneller und effizienter zu machen. So empfinden es die Kundinnen und Kunden und so sollten wir als Anbieter es ebenfalls sehen.
Wie sieht in dieser Welt eine sinnvolle Strategie aus, um bei Kunden im Entscheidungsprozess präsent zu sein?
Die Kunden unterscheiden ja nicht, zwischen dem, was sie online gesehen haben und dem, was sie vor Ort sehen. Aus ihrer Sicht sind dies lediglich unterschiedliche Kontaktpunkte im gleichen Entscheidungsprozess. Daher ist es wichtig, übergreifend zu denken, denn die Kunden sollen möglichst keinen Bruch spüren. Eine sinnvolle Strategie sollte daher nicht zwischen stationärer und Online-Kampagne trennen. Diese beiden Welten möglichst nahtlos zu verbinden – das ist gleichzeitig die Herausforderung.
Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Die Zinsen sind gestiegen und Bausparen wurde wieder interessant. Wenn man nun das Bausparen aktiv bewerben will, muss man es auch über alle Kanäle ausspielen. Wichtig ist, dabei auch die spezifischen Möglichkeiten und Anforderungen der jeweiligen Kanäle zu berücksichtigen. Uns bietet sich ja jedes Mal auch die Möglichkeit, dazuzulernen, wo die Kunden was abschließen und dies in der nächsten Kampagne dann entsprechend zu nutzen und die Ansprache zu verfeinern.
Um hier beim Beispiel Bausparen zu bleiben: Das kann man ganz einfach denken, in dem Sinne, dass man sich nur die Zinsen sichern will. Das kann man sehr gut online machen. Etwas komplizierter wird es da schon, wenn das Bausparen als Baustein einer Finanzierung eingesetzt werden soll. Da gibt es dann ein paar mehr Fragen dazu, es geht um längerfristige Entscheidungen und es wird Beratung notwendig.
Sie brauchen beides – den Online-Abschluss und die Beratung.
Und wie setzen Sie das in Ihrem Haus um?
Sie brauchen ja beides – den Online-Abschluss und die Beratung. Gerade im Zusammenhang mit Finanzierung, mit der wir ja auch unser Geld verdienen, brauchen unsere Kunden persönliche Beratung. Die kann wiederum an einem unserer Standorte stattfinden, beim Kunden oder per Video. Bauen und Baufinanzierung sind für die meisten Menschen Entscheidungen, die sie in ihrem Leben nur einmal treffen – und dies mit zeitlich und finanziell weitreichenden Konsequenzen. Da ist es entscheidend, ein persönliches Gespräch führen zu können und eine gründliche Beratung zu bekommen. Unser Ansatz ist, dies alles aus einer Hand anbieten zu können.
Sie brauchen ja beides – den Online-Abschluss und die Beratung. Gerade im Zusammenhang mit Finanzierung, mit der wir ja auch unser Geld verdienen, brauchen unsere Kunden persönliche Beratung. Die kann wiederum an einem unserer Standorte stattfinden, beim Kunden oder per Video. Bauen und Baufinanzierung sind für die meisten Menschen Entscheidungen, die sie in ihrem Leben nur einmal treffen – und dies mit zeitlich und finanziell weitreichenden Konsequenzen. Da ist es entscheidend, ein persönliches Gespräch führen zu können und eine gründliche Beratung zu bekommen. Unser Ansatz ist, dies alles aus einer Hand anbieten zu können.
Stichwort Videoberatung - wird die angenommen und zu welchen Themen?
Ja, auf jeden Fall. Die Videoberatung wird sehr gut angenommen. Wir leben ja alle in einer immer schnellen getakteten Welt und unser Leben verlangt pragmatische und schnelle Lösungen. In dieses Lebensumfeld passt das Konzept der Videoberatung. Sie funktioniert eigentlich sehr gut für alles, was unser Außendienst vor Ort macht. Ich halte sie auch für wichtiger als etwa Call-Center, weil sie deutlich mehr Nähe zum Kunden schafft. Nah am Kunden zu sein, in seinem Entscheidungsprozess präsent zu sein und Dinge vor Ort besprechen und umsetzen zu können, ist wiederum ein zentraler Erfolgsfaktor.
Ja, auf jeden Fall. Die Videoberatung wird sehr gut angenommen. Wir leben ja alle in einer immer schnellen getakteten Welt und unser Leben verlangt pragmatische und schnelle Lösungen. In dieses Lebensumfeld passt das Konzept der Videoberatung. Sie funktioniert eigentlich sehr gut für alles, was unser Außendienst vor Ort macht. Ich halte sie auch für wichtiger als etwa Call-Center, weil sie deutlich mehr Nähe zum Kunden schafft. Nah am Kunden zu sein, in seinem Entscheidungsprozess präsent zu sein und Dinge vor Ort besprechen und umsetzen zu können, ist wiederum ein zentraler Erfolgsfaktor.
Welche Bedeutung werden künftig physische Standorte haben?
Wie gesagt: es geht um Kundennähe. Und wenn Sie nah am Kunden sein wollen, ist es gut, auch physisch in seiner Nähe sein zu können. Es ist allerdings schon frappierend, was sich gerade in den beiden Jahren der Pandemie bei der Nutzung digitaler Kanäle getan hat. Innerhalb sehr kurzer Zeit sind hier digitale Kommunikationskanäle zum Alltag geworden und damit auch zu einem vollwertigen Baustein, diese Kundennähe herzustellen. Zumindest aber dabei, sie zu halten. Dies gilt umso mehr für ein B2B-Umfeld, wenn also der Vertrieb ihr „Kunde“ ist. Die physischen Standorte werden daher wichtige Anker bleiben, sie erfahren aber eine intelligente Ergänzung durch die digitalen Kanäle wie etwa die Videoberatung. Sie verbessern die Erreichbarkeit und erhöhen damit das Servicelevel – für jede Art von Kunde.
Viele kleine Veränderungen anstelle von Big Bang
Wo erwarten Sie die größten Veränderungen in den nächsten zehn Jahren?
Mit Bausparen und Baufinanzierung bewegen wir uns in einem Lösungsfeld, das sich über lange Zeit entwickelt und etabliert hat. Auch wenn gerade sehr viel über künstliche Intelligenz gesprochen wird, sehe ich hier nicht die eine ganz große Produktveränderung oder umwälzende Prozessrevolution kommen.
Was ich eher sehe, das ist eine Verbesserung an vielen kleinen Stellen. Die werden dann in ihrer Summe einen Unterschied ausmachen. Beispielsweise wird vieles einfach schneller werden. Hier werden sicherlich KI-basierte Lösungen ins Spiel kommen. Ich bin auch überzeugt, dass in der gesamten Finanzindustrie die Kundenperspektive noch stärker in den Mittelpunkt rücken wird, in dem Sinne, dass sich die Kunden künftig weniger in ein Produkt hineindenken müssen als die Produktentwicklung in die Kunden. Auch das sehe ich als ein Anwendungsfeld für KI und glaube, dass wir einige Veränderungen sehen werden. Ebenso wie bei Prozessen: Wir werden beschleunigte Prozesse mit übergreifenden Lösungen erleben, die die Kunden noch konkreter bei dem Bedarf abholen und bedienen, wie sie ihn tatsächlich empfinden. Die Kunden träumen ja nicht von einer Baufinanzierung, sondern von einem schönen Zuhause. Dem müssen wir noch stärker entsprechen.
Stichwort Nachhaltigkeit – spielt die Ihrer Ansicht nach künftig eine Rolle?
Absolut. Da sprechen wir sogar von einem riesigen Veränderungsmarkt. Sehen Sie sich allein die Veränderungen bei den Energiepreisen an. Nachhaltigkeit war bisher oft eher ethisch und moralisch belegt. Die explodierenden Energiepreise vor zwei Jahren führen jedoch zu einem intrinsischen Druck auch bei Kunden, die sich bisher um die ökologischen oder sozialen Aspekte von Nachhaltigkeit wenig Gedanken gemacht haben. Auch bei denen besteht jetzt Investitionsdruck. Bei dem gesamten Nachhaltigkeitsthema wird die Regulierung eine wichtige Rolle spielen, um sowohl für die Kunden- als auch für die Anbieterseite möglichst rasch Planungssicherheit zu schaffen. Um die notwendigen Maßnahmen zu beschleunigen, muss es für die Kunden attraktiv sein, in nachhaltiges Bauen und nachhaltige Nachbesserungen an Immobilien zu investieren.