WhoFinance 360° Logo

Konjunkturprogramm

„Positive Effekte auf viele Industriebereiche“

Konjunkturprogramm Grundgesetzänderung Investitionen Aktienmärkte
„Positive Effekte auf viele Industriebereiche“

Robert Greil: Der Anlagestrategie sieht gute Chancen für kleine und mittelgroße Unternehmen in Deutschland.

Der Bundestag hat ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturausgaben verabschiedet. Investitionen für Verteidigung und Sicherheit werden ab einer bestimmten Höhe von der Schuldenbremse ausgenommen. Was das für Anleger bedeutet, erläutert Robert Greil, Chefstratege des Bankhauses Merck Finck.

Herr Greil, bringt das Konjunkturprogramm einschließlich der geplanten Investitionen in die Bundeswehr das schwache Wirtschaftswachstum wieder in Schwung?

Robert Greil: Der „Schuldenpakt“ bietet die Voraussetzungen für zusätzliche, langfristig angelegte Investitionen primär in die Verteidigung und Infrastruktur. Neben Kapazitätsengpässen sprechen auch die hier zu Lande meist langatmigen Genehmigungsprozesse dafür, dass dadurch erst ab nächstem Jahr langsam mit spürbaren Wachstumseffekten zu rechnen ist.

Welche Reformen müssten das Konjunkturprogramm unterstützen, damit das Wirtschaftswachstum nachhaltig zulegt?

Greil: Ein neues Konjunkturprogramm sollte aus unserer Sicht neben höheren Militärausgaben nicht nur Investitionsanreize erhöhen und die Standortattraktivität etwa durch niedrigere Energiekosten erhöhen, sondern auch für Investitionssicherheit und weniger Bürokratie sorgen.

Die Aktienmärkte feiern die stark steigenden Ausgaben mit einem Kursfeuerwerk. Halten Sie für das für gerechtfertigt?

Greil: Die Aktienmärkte setzen zurecht auf positive längerfristige Effekte hinsichtlich Wirtschafts- und damit auch Gewinnwachstum der Unternehmen. Inwieweit sich diese bewahrheiten, wird sich zeigen – grundsätzlich sorgt die Entwicklung für mehr Optimismus auf vielen Ebenen – was wir gerade in Deutschland als wichtig erachten.

Welche Branchen werden besonders stark profitieren?

Greil: Natürlich profitieren erst einmal die Bereiche Verteidigung und Infrastruktur – aber die Wirkung geht aus unserer Sicht weit darüber hinaus. Es dürfte etwa positive Effekte auf viele Industriebereiche, Grundstoffsparten wie Chemie oder Rohstoffhäuser bis hin zu technologieverwandten Branchen haben.

Ist nun die Stunde der Mittel- und Nebenwerte gekommen, die jahrelang im Schatten der großen Unternehmen standen?

Greil: Obwohl viele Aufträge an internationale Firmen gehen dürften, sollten auch die oft binnenorientierteren Small und Mid Caps profitieren. Die Zeit ihrer unterdurchschnittlichen Entwicklung sollte damit erst einmal vorbei sein.

Mit dem Ausgabeprogramm steigen die Kapitalmarktzinsen. Damit verteuert sich die Finanzierung von Unternehmen. Welche Folgen hat das?

Greil: Entscheidend wird sein, wie stark die Finanzierungskosten anziehen. Vorerst sehen wir – auch mit Blick auf die erst einmal wohl weiter gedämpfte Inflation bei nur moderatem Wachstum in Europa – keine zu großen Bremseffekte von dieser Seite auf Investitionen. Mittelfristig könnte sich das ändern.

Was bedeutet das Programm für Käufer von Anleihen? 

Greil: Am Rentenmarkt bieten Euroanleihen inklusive Bundespapieren wieder recht attraktive Renditen – aufgrund der gestiegenen Zinsrisiken sollten aus unserer Sicht eher kürzere Laufzeiten bevorzugt werden. Bei Unternehmensanleihen halten wir solche von Emittenten guter Bonität weiter für sinnvoller als Hochzinspapiere mit ihren historisch betrachtet relativ geringen Risikoaufschlägen.

Dirk
Autor: Dirk Wohleb

Freier Wirtschafts- und Finanzjournalist