09. October 2023 von WhoFinance | Ratgeber
Was bis wann? Die Fristen im neuen Heizungsgesetz
Die vieldiskutierte und auch teils heftig umstrittene Novelle des Gebäudeenergiegesetzes ist durch den Bundestag. Die Sorge vieler Immobilienbesitzer, 2024 alle alten Heizungen austauschen zu müssen, hat sich nicht bestätigt. Aber wie geht es denn nach dem 1. Januar weiter?
Ja, der verabschiedete Gesetzesentwurf ist weit weniger streng ausgefallen, als von vielen befürchtet. Unzulängliche Kommunikation im Vorfeld auf der einen Seite und teils unsachliche Argumentation auf der anderen haben sicherlich ihren Beitrag dazu geleistet, dass die Ängste größer waren als nötig. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der Gesetzesentwurf vieles aufschiebt und noch nicht abschließend regelt. Ob das Ungenauigkeit ist oder Pragmatismus wollen wir an dieser Stelle gar nicht bewerten, sondern uns lieber die Fristen ansehen, die nun festgelegt wurden.
Stichtag für Neubau 2024
Da ist zunächst der 1.1.2024. Ab diesem Tag dürfen in Neubauten nur noch Heizungen installiert werden, die auf 65 Prozent Erneuerbaren Energien basieren. Was nach der gravierendsten Änderung klingt, stellt sich in der Praxis als weniger dramatisch dar: Erstens gilt dies nur innerhalb von Neubaugebieten. Auch Neubauten in Baulücken sind davon ausgenommen. Und für Bestandsgebäude gelten die neuen Vorgaben erst, wenn die kommunalen Wärmepläne vorliegen. Zweitens sind solche modernen Heizungsanlagen bei den meisten Neubauten heute ohnehin bereits Standard – erst recht in Neubaugebieten, wo bereits die Wärmepumpen surren und die Solaranlagen auf den Dächern glänzen.
Die Kommunen werden ebenfalls zum 1. Januar in die Pflicht genommen, denn für sie gilt, dass sie in jedes neue Wärmenetz mindestens 65 Prozent erneuerbare Wärme einleiten müssen. Auch hier relativiert sich die Vorgabe: Viele Kommunen haben gar kein Wärmenetz. Diejenigen, die in der Planung sind, berücksichtigen ohnehin schon ökologische Aspekte, und versuchen, möglichst ohne fossile Energieträger auszukommen.
Sonderfall 30 Jahre alte Heizung
Bestehende Heizungen dürfen weiterbetrieben werden. Sie dürfen auch repariert werden. Und selbst wenn sie irreparabel defekt sind (sogenannte Heizungshavarie), sollen mehrjährige Übergangsfristen gelten. Strenger ist da die Regelung für alte fossile Heizungen: Erdgas- oder Ölheizungen die älter als 30 Jahre sind, müssen getauscht werden. Auch hier gibt es wieder eine wichtige Ausnahme: Dies gilt nur für alte Konstanttemperatur-Kessel. Das bedeutet, Niedertemperaturheizkessel und Brennwertkessel sind davon nicht betroffen! Außerdem gilt die Austauschpflicht zunächst vor allem für vermietete Gebäude.
Stichwort Vermietung: Mit der Gesetzesänderung wird auch die Mieterhöhung nach der Heizungsmodernisierung geregelt. Sie darf maximal 50 Cent/qm betragen. Für die Mieter einer 100qm großen Wohnung wird die Miete daher um höchsten 50,- Euro höher. Umgekehrt bedeutet das für Vermieter, dass sie in einem Mehrfamilienhaus mit 400qm von ihren Modernisierungskosten maximal 2.400,- Euro pro Jahr auf die Mieter umlegen können.
Die Jahre der Umsetzung
Für viele Eigentümer wird das ganze Heizungs- und Modernisierungsthema erst ab 2026 wirklich konkret. Bis zum 30. Juni 2026 müssen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern eine eigene kommunale Wärmeplanung vorlegen. Erst dann wird es für die Eigentümer von Immobilien ersichtlich, was für sie die passende Lösung ist: der Anschluss an ein Fernwärmenetz oder eine eigene Lösung.
Zwei Jahre länger Zeit haben Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern. Ihre Wärmeplanung soll bis zum 30. Juni 2028 vorliegen. Kleinere Gemeinden unter 10.000 Einwohner können ein vereinfachtes Wärmeplanungsverfahren durchführen. Darüber entscheiden die Länder. Das bedeutet: es ist noch gar nicht geregelt. Gerade für die kleineren Kommunen dürften jedoch eigene Fernwärmenetze die Ausnahme sein. Immobilieneigentümer im eher ländlichen Bereich haben also ein wenig Zeit gewonnen, sollten jedoch trotzdem bald mit ihrer Heizungsplanung beginnen. Ein oder zwei Jahre sind schnell vorbei und gerade in den Jahren nach 2026 dürften die Installationsbetriebe voll ausgelastet sein.
Der Weg Richtung Klimaneutralität
Wenn alle Maßnahmen tatsächlich so umgesetzt werden können, wie vorgesehen, und auch greifen, dann ist das Ziel, bis 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen. Dafür sollen die Wärmenetze bis dahin zu 30 Prozent mit Wärme aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme gespeist werden. Bis 2040 sollen es dann schon 80 Prozent sein. Und wenn alles hoffentlich auch funktioniert, steht am Horizont das Jahr 2045. Bis dahin will Deutschland klimaneutral sein. Dazu hat sich jedenfalls die Bundesregierung verpflichtet.
Viele offene Punkte bedeuten viel Beratungsbedarf
Was im Moment nach einer spürbaren Entzerrung aussieht, kann relativ schnell Dynamik entwickeln. Vieles hängt daran, wie die Kommunen ihren Auftrag zur Wärmeplanung wahrnehmen und wie die Länder die Vorgaben für die kleineren Gemeinden regeln. Zahlreiche Immobilienbesitzer werden erst einmal erleichtert aufatmen: Wir haben ja noch Zeit. Zwei Jahre vergehen jedoch wie im Flug und die Aufträge, die bei den Heizungsinstallateuren derzeit noch ausbleiben, dürften zeitversetzt relativ geballt kommen. Jeder Hauseigentümer ist also gut damit beraten, das Thema nicht auf die lange Bank zu schieben. Das wiederum bedeutet, mit auseichend Vorlauf mit allen notwendigen Partnern zu sprechen: für Planung, Installation, Finanzierung und Förderung. Der Blick in die Regelungen zu den Fördermitteln verrät übrigens, dass nahezu überall ein Energieberater verpflichtend mit eingebunden werden muss. Kein Zufall daher, dass sich viele Finanzberater diese Kompetenzen selbst aneignen und sich bereits zu Energieberatern schulen lassen.