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Von DR. HERBERT WALTER

 

Die Monopolkommission hat in ihrem Zweijahresgutachten das Thema der Verbrauchertransparenz bei Privatfinanzen auf den Haken genommen. Sie bemängelt, dass Verbrauchern die Kosten und Provisionen von Finanzdienstleistungen oft nicht transparent sind. Auch über systematische Risiken von Banken müssten die Kunden viel mehr Bescheid wissen.

 

Die Kommission hat die Finanzindustrie aufgefordert, die Transparenz zu den vom Verbraucher zu zahlenden Kosten (z. B. Zinszahlung für die Kreditaufnahme) und Provisionen/Vergütungen (z.B. für den Kauf/Verkauf eines Wertpapiers) vordringlich zu verbessern. Seit langem klagen viele Privathaushalte darüber, dass ihnen unklar ist, für welche Leistungen ein Finanzdienstleister wie viel berechnet. Sie wollen insbesondere wissen, was sie für ein Finanzprodukt oder eine Beratung unter dem Strich zahlen – ohne Sternchen und Kleingedrucktes.

 

Wer einen gemanagten Fonds kauft und dafür bis zu 2 oder vielleicht sogar 3 Prozent für Gebühren hinblättert, fragt sich natürlich, was er dafür im Gegenzug erhält. Er hofft auf eine gute Rendite und ein möglichst niedriges Risiko. Wie sich das im einzelnen darstellt, lässt sich abschließend oft erst nach vielen Jahren beurteilen. Mit ihrer Forderung, Provisionen etwa für die Vertriebsleistung oder einen Produktabschluss offen zu legen, schlägt die Monopolkommission in dieselbe Kerbe, wie kürzlich der Bundesgerichtshof. Dieser hat erst Anfang Juni entschieden, dass bei Beratungsverträgen seit dem 1. August „die beratende Bank den Anleger über den Rückfluss versteckter Innenprovisionen aufklären muss.“

 

Der BGH sieht das Gesetz zur Honorar-Anlageberatung (seit 1. August in Kraft) als klaren Hinweis, dass der Gesetzgeber sich zum Ziel gesetzt hat, „mehr Transparenz über die Form der Vergütung der Anlageberatung zu schaffen“. So steht es im Urteil, das Sie unter dem Aktenzeichen XI ZR 147/12 im Internet herunterladen können.

 

Provisionen bei Geldanlagen offengelegt, bei Lebensversicherungen nicht

 

Jede Bank muss Anleger also demnächst über Provisionen aller Art informieren, andernfalls macht sie sich schadenersatzpflichtig. Damit ist die Rechtslage für die Zukunft klar, für rückwirkende Schadenersatzklagen hat der BGH dagegen die Türe zugemacht. Für Verbraucher, die sich nicht tagtäglich mit dem Thema beschäftigen, bleibt es dennoch schwer, den Überblick über das Dickicht bei den Preisen von Finanzleistungen zu behalten. Aktuelles Beispiel: Noch in der ersten Julihälfte hatte der Bundestag entschieden, dass bei Lebensversicherungen die Provisionen doch nicht offengelegt werden sollen. Im Entwurf zum Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) war eine Provisionsoffenlegung noch vorgesehen.

 

Nichtsdestotrotz, so der Bundestag, sollen auch bei Versicherungsprodukten die Gebühren und Provisionen transparenter werden. Deshalb müssen bei Verträgen zu einer Lebensversicherung die Effektivkosten künftig angegeben werden. Auch bei dieser Regelung ist die Politik indes zurück gerudert, ursprünglich sollte sie für alle Versicherungsarten gelten.

 

Verbrauchern müssen systemische Risiken viel transparenter werden

 

Ein Zweites ist der Monopolkommission wichtig: Sie fordert, dass Verbraucher besser über systemische Risiken von Finanzdienstleistern aufgeklärt werden. Wenn Sparer und Anleger ihr Geld als Einlagen zu potenziell systemrelevanten Banken tragen, sollen sie mit der Nase darauf gestoßen werden, sich eigenverantwortlich mit den damit verbundenen Risiken auseinander zu setzen.

 

Was will uns die Monopolkommission sagen? Die Regulierung von Banken ist heute so ausgestaltet, dass normale Bankkunden kaum in der Lage sind, „die Risiken eines möglichen Bankzusammenbruchs erkennen zu können“. So sehr der Gesetzgeber die Beratungspflichten gegenüber dem Verbraucher verschärft hat, so wenig bestehen nach Ansicht der Kommission ausreichende Aufklärungspflichten für Systemrisiken, etwa im Zusammenhang mit einem perspektivischen Zusammenbruch einer Bank. Spätestens mit der Lehman-Pleite und danach bei den Bankenkrisen in Griechenland und Zypern haben wir gelernt, wie urplötzlich die Dinge ins Rutschen kommen können.

 

Was heißt das heute für Sparer und Anleger ganz praktisch? Viele von uns sind in Zeiten ultraniedriger Zinsen auf der verzweifelten Suche nach dem „Schnaps“ mehr bei unseren Geldanlagen. Der Zugang zu höheren Anlagezinsen ist heute oft nur einen Mausklick entfernt. Es gibt viele Angebote auf Webseiten, die aufzeigen, wie Sparer ihr Geld z.B. bei ausländischen Banken zu einem deutlich höheren Satz als bei ihrer Bank oder Sparkasse um die Ecke anlegen können. Klar, die Einlagensicherung in Deutschland und Europa schützt am Ende vor Verlusten bei Anlagebeträgen bis 100.000 Euro.

 

Ich empfehle dennoch, ernst zu nehmen, was uns die Monopolkommission in ihrem aktuellen Bericht zu den Finanzmärkten mit auf den Weg gibt: Wenn irgendein Anbieter mehr als die Mickerzinsen bieten kann, die sonst üblich sind, stellen sich für den Anleger Fragen wie diese:

 

  • Warum kann diese Bank mehr zahlen?
  • Muss sie Liquiditätslöcher stopfen? Ist sie deshalb gezwungen, Anleger mit einem Zinsaufschlag zu locken?
  • Investiert sie die eingesammelten Einlagen in riskante und damit höher verzinsliche Kredite oder Wertpapieranlagen? Drohen hier vielleicht bald Ausfälle?
  • Kann ich bei einer Anlage ruhig schlafen, weil hinter dem Papier ein Sondervermögen steht, wie das etwa bei Investmentfonds der Fall ist?
  • Oder handelt es sich um Zertifikate bzw. Nachrangpapiere, bei denen der Anleger im Falle einer Bankenpleite vor allen anderen Gläubigern bluten muss?

 

Die niedrigen Zinsen haben manchen Anleger wieder „gieriger“ werden lassen. Wer auf der Suche nach einer höheren Rendite ist, sollte dennoch kühlen Kopf bewahren und sich nicht alleine von seinem Bauchgefühl leiten lassen. Falls Sie mit Ihrem Anlageberater in den nächsten Wochen ein Halbjahresgespräch führen sollten, wäre das eine gute Gelegenheit, um ihre verschiedenen Anlagen auf das Verhältnis von Rendite nach Kosten zu den eingegangenen Risiken abzuklopfen.

 

Dr. Herbert Walter, 60, führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank und war Mitglied im Allianzvorstand. Vorher arbeitete er 20 Jahre für die Deutsche Bank, zuletzt war er dort weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute ist Walter als selbständiger Berater und Aufsichtsrat tätig. Unternehmerisch engagiert er sich beim Finanz- & Beraterportal WhoFinance.de.

 

 

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