18. December 2013 von Dr. Herbert Walter | Geldanlage
Kommentar: Auf die Anlagestrategie kommt es an!
Von DR. HERBERT WALTER
Diese Nachricht hat in den vergangenen Monaten wiederholt für Erstaunen gesorgt: Deutschland ist zwar mit Abstand das wirtschaftlich stärkste Land in der Euro-Zone. Was das durchschnittliche Vermögen der Bürger hierzulande angeht, nimmt die Bundesrepublik aber einen Platz unter ferner Liefen ein.
So sind beispielsweise die Spanier um ein Drittel vermögender als die Deutschen – und das, obwohl die Wirtschaft Spaniens vergleichsweise schwach ist und noch dazu seit Jahren in einer tiefen Krise steckt.
Der Grund dafür ist so einfach wie deprimierend: Wir Deutschen können stolz sein auf unseren Fleiß und unser technologisches Know how. Aber – ich muss es so hart sagen – wir sollten uns ein Stück weit grämen angesichts unserer Fähigkeiten, das von uns erarbeitete Geld auch vernünftig anzulegen.
Sage und schreibe 5 Billionen Geldvermögen können wir laut der offiziellen Statistik der Deutschen Bundesbank unser Eigen nennen. Und was machen wir damit? Wir bunkern 40 Prozent davon, also 2 Billionen Euro, als Bargeld oder Bareinlagen. Damit machen wir uns abhängig von dem jeweiligen Zinsumfeld. Momentan liegt es auf einem historischen Tiefstand.
Weitere 2 Billionen Euro liegen bei Versicherungen und Pensionskassen. Auch sie investieren 80 Prozent der Kundengelder in zinsabhängigen Anlagen. Nicht wenige Lebensversicherer zwingt das momentan dazu, ihre Überschussbeteiligungen zu senken.
Gerade einmal 10 Prozent der Bundesbürger besitzen börsennahe Anlagen. Davon wiederum sind jeweils die Hälfte Aktien und Anleihen. Letztere sind wiederum abhängig vom Zinsumfeld.
Unter dem Strich sind damit mehr als vier Fünftel des deutschen Geldvermögens zinsabhängig. Mit dieser Strukturierung ist es im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld unmöglich, eine vernünftige Rendite zu erwirtschaften.
Nach meiner Beobachtung machen viele Deutsche einen grundlegenden Fehler. Sie schauen ausschließlich auf die einzelnen Produkte, die ihnen von einer Bank oder einem Finanzberater angeboten werden. Dann werden sie entweder misstrauisch und kaufen gar nichts. Oder sie legen sich etwas ins Portfolio, das nicht zu ihnen passt.
Viel wichtiger ist es aber zunächst, entweder alleine oder mit einem Anlageberater eine vernünftige Anlagestrategie zu entwickeln, die dem persönlichen Risikoprofil entspricht und den langfristigen finanziellen Zielen gerecht wird.
Es geht also um eine Antwort auf die Frage: In welche verschiedenen Töpfchen stecke ich meine Ersparnisse bzw. mein Vermögen? Wie viel Prozent kommen aufs Tagesgeldkonto oder Festgeldkonto, wie viel in Aktien, Investmentfonds, Lebensversicherungen, Anleihen und welche Rolle soll ein Eigenheim spielen?
Erst im zweiten Schritt kommt die Frage, welche Produkte infrage kommen und zur Strategie passen. Denn die Struktur eines Depots ist für den Erfolg eines Vermögensplans noch wichtiger als die konkrete Auswahl der Geldanlagen.
Dem Kunden hilft es am Ende gar nichts, wenn er ein paar günstige, einfache Finanzprodukte im Portfolio hat, seine Vermögensaufteilung aber jeglicher Logik entbehrt. Genau das scheint bei vielen Bundesbürgern aber der Fall zu sein.
Anleger sollten mit ihrem Berater deshalb zum Jahresende einen Anlagecheck machen und überprüfen, ob der Anteil zinsabhängiger Anlagen an ihrem Portfolio angemessen ist und bei Bedarf Anpassungen an der Strategie vornehmen.
Natürlich: Die Strategie ist nicht alles. Aber ohne die richtige Strategie ist eine Geldanlage entweder unrentierlich – oder ein Glücksspiel. Beides ist für einen Vermögensaufbau ungeeignet.
Dr. Herbert Walter, 60, führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank und war Mitglied im Allianzvorstand. Vorher arbeitete er 20 Jahre für die Deutsche Bank, zuletzt war er dort weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute ist Walter als selbständiger Berater und Aufsichtsrat tätig. Unternehmerisch engagiert er sich beim Finanz- & Beraterportal WhoFinance.de.
Tags: Anlagestrategie, Geldanlage, Kommentar, Zinsen