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Nov 13

13. November 2013 von Dr. Herbert Walter | Altersvorsorge

Kommentar: Schnäppchenjagd schließt keine Vorsorgelücke

Foto Dr. Herbert Walter

 

Von DR. HERBERT WALTER

 

Die Deutschen hören seit vielen Jahren immer wieder die gleiche Botschaft: „Die gesetzliche Rente ist nicht mehr sicher, denken Sie rechtzeitig an eine zusätzliche private Altersvorsorge.“

 

Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Die Frage, wie man seine private Altersvorsorge gestaltet, ist nicht nur für den einzelnen Bürger schwer zu beantworten. Auch für Profis wie Finanzberater und Versicherungsberater ist es nicht ganz leicht, im gegenwärtigen Umfeld eine langfristige Anlagestrategie zu entwickeln. Denn keiner traut sich heute über einen etwas längeren Zeitraum in die Zukunft zu schauen.

 

Vor 20 Jahren hatte man zumindest noch die Möglichkeit, sein Geld in solide Staatsanleihen zu investieren. Die Sicherheit war hoch, und die Rendite lag bei vier oder fünf Prozent, so dass sich das Vermögen langsam aber stetig vermehrt hat. Diese Zeiten sind vorbei.

 

Staatsanleihen großer Industriestaaten haben ihren Ruf als „bombensichere Anlage“ verloren. Auch wenn das Ausfallrisiko hier sehr gering ist – kein Profi-Investor würde wohl heute mehr die Aussage unterschreiben, man hätte es hier mit wirklich 100 Prozent sicheren Anlagen zu tun. Abgesehen davon liegen die Zinsen trotzdem auf einem Rekordtief.

 

Viele Deutsche haben daraus eine einfache Konsequenz gezogen: Sie legen ihr Geld gar nicht mehr an, sondern setzen noch mehr als früher auf Cash. Eine neue Umfrage im Auftrag des US-Vermögensverwalters Blackrock in elf Industrienationen ergab, dass 69 Prozent der Bundesbürger im Alter zwischen 25 und 74 Jahren ihr Geld in Bar oder auf Sparkonten halten.

 

Dass es so keine oder kaum Zinsen gibt, stört die meisten Bürger nicht. Jeder vierte hat seine Liquidität in den vergangenen zwölf Monaten sogar erhöht. Und 80 Prozent glauben nicht, dass es sich lohnt, mehr Risiken einzugehen, um eine höhere Rendite zu erzielen.

 

Richtig daran ist: Mit ihrer Cash-Strategie laufen die Deutschen nicht Gefahr, auf einen Schlag einen größeren Betrag ihrer Ersparnisse bei einem Einbruch der Börsen zu verlieren.

 

Ein Blick auf die Entwicklung des wichtigsten deutschen Börsenbarometers zeigt, dass diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist: Der Dax lag 1993 unter 2000 Punkten, stieg bis zum Jahr 2000 auf knapp 8000, fiel anschließend auf fast 2000 zurück, kletterte wieder auf die 8000er Marke und brach schließlich im Zuge der Finanzmarktkrise 2008/09 auf unter 4000 Punkte ein. Heute liegt er bei mehr als 9000 Punkten.

 

Wer da zum falschen Zeitpunkt eingestiegen ist, musste dramatische Vermögensverluste hinnehmen. Die Skepsis der Deutschen gegenüber Aktien ist vor diesem Hintergrund zumindest nachvollziehbar.

 

Die Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich allerdings im Alter ein verfügbares Einkommen von jährlich 30.000 Euro. Dafür benötigt man mit 65 Jahren ein Vermögen von rund 400.000 Euro.

 

Wer diese Zielmarke erreichen will, muss früh mit dem Sparen anfangen. Ein 25-Jähriger muss dafür monatlich ca. 580 Euro zurücklegen. Ein 35-Jähriger braucht schon 850 Euro. Wer noch mal zehn Jahre wartet, muss jeden Monat 1400 Euro auf die hohe Kante legen. Allerdings: Bei diesem Beispiel muss mindestens eine Rendite von 1,75 Prozent pro Jahr rausspringen – nach Steuern und Inflation!

 

Arbeitnehmer können einen Teil des gewünschten Jahreseinkommens im Alter über die gesetzliche Rente abdecken. Reichen wird das aber bei weitem nicht.

 

Was also tun?

 

Auf „Schnäppchenjagd“ bei Tages- oder Festgeld zu gehen, ist zumindest nicht die richtige Strategie. Manch einer bricht schon in Jubelstürme aus, wenn er auf Vergleichsportalen im Internet mal wieder irgendwo ein Angebot mit einer um 0,1 Prozent höheren Rendite entdeckt hat. In der „neuen Welt“ der Niedrigzinsen ist das keine nachhaltige Strategie für die Altersvorsorge.

 

Es spricht nichts gegen eine konservative Anlagestrategie. Aber das Wort „konservativ“ kommt vom lateinischen „conservare“, und das heißt übersetzt: erhalten. Bei der Altersvorsorge sollten sogar noch ein paar Prozentpunkte oben drauf kommen, um über den Zinszinseseffekt die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu schließen.

 

Wie immer macht es die richtige Mischung. Genauso wie ein gewisser Anteil an kurzfristigen Anlagen, Fonds und Anleihen gehören auch Aktien in ein langfristiges ausgerichtetes Depot. Wer frühzeitig anfängt, monatliche Sparbeträge zum Beispiel in Aktienfonds oder ETFs zu investieren, macht sich ein Stück weit unabhängig vom Auf und Ab der Börse.

 

Denn über einen Zeitraum von 15 oder 20 Jahren kauft er so mal bei höheren und dann auch mal bei niedrigeren Kursen. Und je mehr der Renteneintritt naht, desto niedriger sollte dann der Aktienanteil im Depot werden.

 

Da aber knapp die Hälfte der Bundesbürger sagt, sie verstehe von der Welt der Börse überhaupt nichts, braucht es kompetente Finanzberater, die sich als vertrauensvolle Sparringspartner für ihre Kunden verstehen. Sie haben die Aufgabe, bei der Entwicklung der Strategie und der Auswahl der richtigen Wertpapiere zu helfen.

 

Da ist es letztlich nur noch Geschmackssache, ob man sich für eine Beratung auf Honorar- oder auf Provisionsbasis entscheidet. Wichtig ist, dass alle ihrer Verantwortung gerecht werden: Die Deutschen mit Blick auf die drohende Lücke bei der Altersvorsorge. Und die Finanzbranche mit Blick auf ihre Kompetenz bei der Beratung und die Qualität ihrer Finanzprodukte.

 

 

Dr. Herbert Walter, 60, führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank und war Mitglied im Allianzvorstand. Vorher arbeitete er 20 Jahre für die Deutsche Bank, zuletzt war er dort weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute ist Walter als selbständiger Berater und Aufsichtsrat tätig. Unternehmerisch engagiert er sich beim Finanz- & Beraterportal WhoFinance.de.

 

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