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Oct 25

25. October 2013 von Dr. Herbert Walter | Immobilienfinanzierung

Kommentar: Botschaft mit Hintergedanken

Foto Dr. Herbert WalterVon DR. HERBERT WALTER

 

Die Deutsche Bundesbank warnt in ihrem neuen Monatsbericht vor einer Überhitzung des Immobilienmarktes in attraktiven deutschen Großstädten. Die derzeitigen Preise seien nicht von längerfristigen demografischen und wirtschaftlichen Einflussfaktoren gedeckt, so die Währungshüter. Geschosswohnungen in Metropolen wie München, Hamburg oder Frankfurt seien um bis zu 20 Prozent überbewertet.

 

20 Prozent Überbewertung? Das sind ganz neue Töne am jahrzehntelang dahindümpelnden Immobilienmarkt in Deutschland. Und man kann sie getrost als ein deutliches Warnsignal der Bundesbanker um Präsident Jens Weidmann an gleich mehrere Adressaten sehen: Angesprochen fühlen dürfen sich private und institutionelle Anleger ebenso wie Kreditinstitute und nicht zuletzt die Europäische Zentralbank.

 

Von Banken bis zu Lebensversicherungen – viele surfen auf der Welle mit

 

Zahlreiche Medien haben die Warnung heute verbreitet. Man kann also davon ausgehen, dass einige Anleger, die sich in den vergangenen drei Jahren eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage zugelegt haben, ein wenig nervös werden: Niedrige Zinsen hin oder her – war das Investment über 400.000 Euro mit nur 20 oder 30 Prozent Eigenkapitalunterlegung wirklich sinnvoll?

 

Andere Anleger, die eine Immobilienfinanzierung erwägen, werden möglicherweise noch einmal nachdenklich und wenden sich an ihren Finanzberater, um sich nach alternativen Investmentmöglichkeiten umzusehen.

 

Aber auch die Vorstände einiger Finanzdienstleister dürften sich angesprochen fühlen. So manches Kreditinstitut hat die niedrigen Zentralbank-Zinsen zuletzt genutzt, um aggressiv Hypothekenkredite zu verkaufen. Dort dürfte man nun bei der Kreditvergabe etwas genauer auf die Bonität der Kunden und das zu finanzierende Objekt schauen.

 

Mittlerweile haben sogar einige Lebensversicherer und Bausparkassen deutsche Immobilien als Anlagealternative zu Staatsanleihen entdeckt. Ein Preiseinbruch am deutschen Markt würde größere Lücken in die Bilanzen einiger Institute reißen als noch vor einigen Jahren.

 

Jens Weidmanns Grüße an Mario Draghi

 

Ein weiterer, weitaus mächtigerer Adressat der Botschaft sitzt in Frankfurt nur einige hundert Meter Luftlinie von der Bundesbank entfernt: Die EZB. Den Bundesbankern sind die von Mario Draghi und Kollegen verordneten niedrigen Leitzinsen schon lange ein Dorn im Auge. Die Bundesbanker halten sie für das darbende Südeuropa vielleicht gerade noch für angemessen, für die boomende deutsche Volkswirtschaft dagegen nicht.

 

Der Preisschub am deutschen Immobilienmarkt in den letzten Jahren ist für sie nun ein willkommener Anlass, auf die damit einhergehenden Risiken hinzuweisen – nämlich Blasenbildungen in einigen Teilmärkten, die irgendwann platzen könnten.

 

Viele Investoren, analysiert die Bundesbank, sehen Immobilien angesichts der niedrigen Zinsen auf Sparguthaben und Anleihen als vergleichsweise lukrative Anlage. Außerdem sorgen die historisch niedrigen Zinsen auf Hypothekenkredite für Kauflaune.

 

Und nicht zu vergessen: In deutsche Immobilien fließt nicht nur das Geld von Bundesbürgern, sondern in hohem Maße auch das von Südeuropäern, die den Erhalt ihres Vermögens in der Heimat nicht mehr für gesichert halten. Stichwort: Möglicher Zerfall der Euro-Zone mit massiver Abwertung der eigenen Währung.

 

Insofern hat die Warnung der Bundesbank auch symbolischen Charakter. Motto: Wir haben’s Euch im Euro-Tower ja immer gesagt. Eine Zinspolitik, die nur auf den Süden Europas ausgerichtet ist, musste irgendwann schief gehen. Man darf also gespannt sein, wann die Bundesbank auf die Rekordstände von Dax und MDax aufmerksam macht.

 

In vielen Regionen sinken die Immobilienpreise

 

Für Anleger bleibt die Frage: Gibt es nun eine Blase am deutschen Immobilienmarkt oder nicht? Droht gar ein Absturz wie 2007/2008 in den USA mit schwerem Schaden für die Volkswirtschaft?

 

Hier sollte man nicht in Panik verfallen, sondern etwas genauer hinschauen. Die meisten Landkreise in Deutschland sind überhaupt nicht von Preissteigerungen betroffen. Genau das unterscheidet die Lage in Deutschland auch von der in den USA. Dort waren die Preise auf breiter Front gestiegen – und zwar um ein Vielfaches von dem, was wir bisher erlebt haben.

 

Dazu wird es in Deutschland nicht kommen. Ein Grund dafür: Die demographische Entwicklung. Zahlreiche wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis: Im Jahr 2050 leben hierzulande wohl nur noch 65 Millionen bis 70 Millionen Menschen. Das wären bis zu 17 Millionen weniger als heute.

 

Betroffen davon sind in erster Linie die ländlichen Gebiete Deutschlands. Die Folge: Dort weist der langfristige Preistrend bei Immobilien klar nach unten.

 

Das Motto der Bundesbank: Lieber zu früh als zu spät

 

Was die Ballungsräume betrifft, glaube ich, dass die Preise vielleicht nicht mehr so stark steigen werden wie zuletzt, auch wenn die Bundesbank davon ausgeht, dass der Preisdruck nach oben kurzfristig nicht nachlassen wird. In Städten wie München oder Hamburg ist der Anstieg längst auf die Speckgürtel übergesprungen – und sogar darüber hinaus.

 

Auch das hat natürlich Gründe: Junge, gut ausgebildete und damit zahlungskräftige Menschen zieht es eben in die Städte. Dort gibt es die attraktiveren Jobs, mehr Freizeitangebote und die bessere Infrastruktur für Familien.

 

Nichts spricht momentan dafür, dass sich dieser Trend umkehren wird. Denn es wird zwar mittlerweile mehr gebaut, aber das reicht noch lange nicht, um die hohe Nachfrage nach Wohnraum in Städten zu befriedigen.

 

Eine Mietpreisbremse, die die Politik derzeit plant, ist vor diesem Hintergrund kontraproduktiv. Denn sie würde Investoren davon abhalten, in den Bau neuer Eigentumswohnungen zu investieren. So wird es nichts mit der nötigen Ausweitung des Angebots.

 

Private Anleger sollten bei einem Investment in Immobilien in jedem Fall Vorsicht walten lassen. Es sieht zunächst verlockend aus, die historisch niedrigen Zinsen für den Kauf einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage zu nutzen.

 

So mancher geht dabei aber an die Grenze seiner finanziellen Belastbarkeit. Ein sicheres Anzeichen dafür ist, wenn Immobilienkäufer möglichst geringe Tilgungsraten mit ihrer Bank vereinbaren wollen. Was aber passiert, wenn in 10 oder 15 Jahren die Zinsen deutlich höher sind als heute? Ist das Objekt dann noch zu finanzieren? Darauf sollte jeder Anleger achten – und ein guter Finanzberater offen hinweisen.

 

Ich denke, genau solche Fälle hat auch die Bundesbank bei ihrer Warnung im Blick. Und sie haut lieber einmal hörbar auf den Tisch, als sich am Ende vorwerfen lassen zu müssen, die Augen vor einem möglichen Problem verschlossen zu haben.

 

Das Negativ-Beispiel der US-Notenbank Federal Reserve dürfte sie darin bestärkt haben. Sie hat den Immobilienboom in den Vereinigten Staaten nicht nur ignoriert, sondern sogar mit niedrigen Zinsen aktiv befördert.

 

Dass die EZB ausgerechnet in der größten Volkswirtschaft der Euro-Zone in die gleiche Falle zu laufen droht, sagt die Bundesbank zwar nicht. Aber man darf es getrost so interpretieren.

 

 

Dr. Herbert Walter, 60, führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank und war Mitglied im Allianzvorstand. Vorher arbeitete er 20 Jahre für die Deutsche Bank, zuletzt war er dort weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute ist Walter als selbständiger Berater und Aufsichtsrat tätig. Unternehmerisch engagiert er sich beim Finanz- & Beraterportal WhoFinance.de.

 

 

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