Andreas Gramüller von Von Poll Finance aus München erklärt im Interview die Entwicklung der Bauzinsen und der Immobilienpreise.
Wohin gehen die Bauzinsen und Immobilienpreise?
Fabienne Seiam: Herr Gramüller, wohin gehen die Bauzinsen und wohin gehen die Preise?
Andreas Gramüller: Das ist eine wirklich spannende Frage. Das würde gern jeder wissen und wenn man es wüsste, wäre man sehr reich. Es ist schwierig, denn keiner hat eine Glaskugel.
Zuerst einmal würde ich da ein bisschen neutral drüber schauen: Wenn man vergleicht, dass letztes Jahr die Zinsen bei teilweise guten Finanzierungen weit unter 1% lagen, war das natürlich exorbitant: historisch so niedrig wie noch nie zuvor. Und daran haben wir uns in Deutschland gerade gewöhnt und das ist jetzt im Kopf. Das bedeutet vor allem, dass in Regionen wie zum Beispiel München, wo die Immobilien schon immer teuer waren, die Objekte einfach ein bisschen leistbarer geworden sind. Das bedeutet, ein Zins von drei oder plötzlich vier Prozent ist das Drei- oder Vierfache. Und da stimmt die Haushaltsrechnung nicht mehr.
Sind die Preise denn wirklich so teuer?
Historisch gesehen, wenn ich das mit meinen Eltern vergleiche, die haben bei 7% finanziert. Es ist also noch immer günstig. Und auch damals waren die Immobilien schon teuer. Das bedeutet: Die Zinsen normalisieren sich wahrscheinlich eher wieder. Also Finanzierungen bei Immobilien für 0,9 oder 0,8 Prozent - das ist ja nicht die Normalität gewesen. Auch das war ein Sonderfaktor. Man muss sich einfach darauf einstellen, dass die Zinsen wieder ein normales Umfeld bekommen. Aktuell liegen die Zinsen noch immer unter der Inflation - also das ist ja eigentlich noch ein guter Deal. Die Haushaltsrechnung stimmt nur leider nicht mehr.
Die Hoffnung, dass die Immobilienpreise deswegen gleich zurückgehen, ist ein bisschen gedämpft worden, weil die Immobilien einfach einen Wert haben und vor allem die guten Immobilien in guten Lagen noch immer nachgefragt werden. Also ich nehme das mal als Beispiel: Man wird nicht aus einer schönen Gegend, wo man wohnen will, wo man Arbeit hat und wo man verankert ist,
irgendwo hinziehen, nur weil es dort günstiger ist. Das bedeutet, man muss sich darauf einstellen, dass die Zinsen normaler werden. Sie schwanken, das macht es schwieriger und man muss sich schnell entscheiden. Das bedeutet aber nicht, dass die Immobilienpreise nach unten gehen.
Wo muss ich für den Traum vom Eigenheim sparen?
Solange die Nachfrage bleibt und die Objekte gut sind und die Leute ja einziehen wollen, muss man wahrscheinlich zukünftig eher den Konsum zurückstecken und für den Traum Immobilie dann einfach ein bisschen tiefer in die Tasche greifen. Aber letztendlich ist es auch von jedem ein Traum und dafür ist man wahrscheinlich auch bereit, zu zahlen.
Fabienne Seiam: Und was raten Sie jetzt Ihren Kunden?
Andreas Gramüller: Wenn es von der Haushaltsrechnung passt und nicht so knapp berechnet ist, dass es nur mit Bonuszahlungen funktioniert und man trotzdem vielleicht noch essen kann, dann
wird sich nichts daran ändern, dass man jetzt eine Immobilie kaufen kann. Man muss nicht noch fünf, sechs oder sieben Jahre warten.
Sollte ich auf fallende Zinsen spekulieren?
Das ist eine Frage von „will ich diese Immobilie haben?“ und mich damit auch immobil machen? Also nicht mehr so mobil sein, einen hohen Fixkostenblock haben, vom Mieter vielleicht zum Eigentümer wechseln, meine Traumimmobilie haben - dann muss man wahrscheinlich konsummäßig ein bisschen kürzer treten, aber man hat dann trotzdem seinen Traum erfüllt.
Die Finanzierungen, die muss man von einem Profi wahrscheinlich genauer durch beraten lassen, weil das jetzt schon sehr deutlich ist, dass es meistens nicht mehr ausreicht, einfach nur zur Hausbank zu gehen. Da muss man sich einen größeren Überblick verschaffen. Und damit ist ja jede Finanzierung flexibel genug. Also wenn man eine Immobilie will, dann ist es jetzt noch immer genau der richtige Zeitpunkt. Wenn, dann wird der Zins wahrscheinlich in der nächsten Zeit eher nochmals ein bisschen steigen. Zu spekulieren und zu hoffen, dass die Zinsen noch einmal auf 1% runterfallen – das würde ich aktuell eher weniger empfehlen.