Artur Strauss und Michael Gemke sind Top-Berater von MLP und sprechen im Interview über die Entwicklung von Zinsen und Immobilienpreisen.
Wie verarbeitet man einen Zinsschock?
Mustafa Behan: Lieber Michael, vielleicht fängst Du an, uns ein bisschen zu erzählen, wie Du die Situation auf der Zinsseite und auf der Preisseite siehst.
Michael Gemke: Danke, Mustafa. Tatsächlich ist es so, dass die letzten, ich sage jetzt mal, fast sechs Monate, insofern sehr bewegt waren, als dass wir von deutlich unter einem Prozent bei einer zehnjährigen Zinsfestschreibung mittlerweile bei rund drei Prozent sind. Das heißt, im Grunde ist es ein echter Zinsschock, den wir da zu verarbeiten haben und viele die sich jetzt sich überlegt haben, eine Immobilie zu kaufen und so ein bisschen hin und her geplant haben und vielleicht das richtige Objekt noch nicht gefunden haben, stehen natürlich jetzt vor der Frage: oh Gott, was mach ich? Ist die Situation so, dass ich jetzt einsteigen sollte? Wird es eher noch höher gehen? Oder sollte ich abwarten, weil sich die Zinsen wieder nach unten bewegen. Wie Du schon erwähnt hast: Glaskugel. Genau kann das natürlich keiner sagen, aber man kann eine Tendenz herauslesen. Bei der entsprechenden Inflation, die wir haben, bei entsprechenden Kostensteigerungen insgesamt, bei Zinssteigerungen auch durch die Notenbanken, werden wir nicht hinkommen, das Zinsniveau einigermaßen hochzuhalten. Meines Erachtens ist es daher sehr wahrscheinlich, dass die Zinsen zumindest nicht in nächster Zeit sinken werden. Wenn überhaupt, werden sie sich irgendwo einpendeln.
Erschweren hohe Zinsen das Potential für Tilgungen?
Tendenziell gehe ich eher davon aus, dass wir ein halbes oder ein Prozent dazu bekommen. Das wird sich natürlich auch auf die Immobilienpreisentwicklung auswirken . Ganz einfach - wir haben ja zwei Komponenten, aus denen sich die Finanzierungssituation zusammensetzt: Das ist zum einen der Zins und zum anderen die Tilgung. Bisher war es so, dass ich eine relativ hohe Tilgung machen konnte, weil ja mein Zins sehr niedrig war. Wenn ich jetzt aber das Dreifache an Zinsen habe, kann ich nur schwer die gleiche Tilgung mitnehmen. Das heißt, da haben wir ein Problem am Markt. Wir werden eigentlich günstigere Preise bekommen müssen. Irgendwo werden die Preise anfangen zu bröckeln. Ich gehe aber davon aus, dass das noch eine Weile dauert und dass es vor allem sehr heterogen sein wird. Das heißt, an Top-Standorten wird sich das Preisniveau nicht nach unten verändern, sondern es wird wahrscheinlich sogar ein Stück weit nach oben gehen, weil wir nämlich, und das ist die Krux an der ganzen Geschichte, eher noch einen Mangel an Objekten haben. Das heißt, wir bräuchten über 400.000 Neubauten jedes Jahr. Wir haben letztes Jahr mit Mühe 300.000 geschafft und wir werden dieses Jahr deutlich unter 300.000 bleiben, weil wir durch die gestiegenen Kosten ein riesiges Problem haben, Neubauten mit einer vernünftigen Kalkulation zu erstellen. Das bedeutet, dass der vorhandene Markt an Bestandsimmobilien natürlich dadurch eher an Attraktivität gewinnt, weil relativ gesehen diese etwas günstiger angeboten werden.
Sehr kryptisch also, vielleicht wenig konkret, aber ich würde sagen, an einigen B- und C-Standorten werden die Preise vielleicht nicht sichtbar auf irgendwelchen Plattformen, aber im Gespräch mit Maklern und Verkäufern zurückgehen müssen, weil sich der Markt nicht findet. Angebot und Nachfrage kommen sonst nicht genügend zusammen.
Wie wirken sich die Zinsen auf die Nachfrage von Baufinanzierungen aus?
Und die Top-Standorte, die werden nach wie vor so nachgefragt, dass es immer noch genügend Nachfrage gibt, so dass man an der Preisschraube nach unten wahrscheinlich nicht drehen muss. Das ist so meine erste Einschätzung.
Mustafa Behan: Danke, Michael. Also wenn jetzt man sich die Frage stellt, lieber jetzt einsteigen oder lieber noch ein bisschen abwarten, dann ist das ja bei Dir, wenn ich das jetzt so ganz vorsichtig zusammenfassen kann, eher eine Sache von durchaus jetzt einsteigen. Die Zinsen werden möglicherweise ja noch nach oben gehen und die Preise zumindest an Top-Standorten nicht bröckeln. Du glaubst aber, dass die Preise an B- und C-Standorten ein bisschen nach unten gehen können.
Wie siehst Du das, Artur? Ist das ein Bild, das sich auch Dir bietet? Siehst Du auch vor allen Dingen die Unterschiede in den Standorten in der Entwicklung der Preise?
Artur Strauss: Also ich sehe es ähnlich wie Michael gerade gesagt hat. Viel wird davon abhängen, inwieweit die EZB und in den USA die Fed die Inflation in den Griff bekommt. Die EZB hat jetzt gerade die Leitzinsen wieder erhöht, was der Versuch ist, die Inflation einzudämmen. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass der Zinssatz für die Banken, um sich zu refinanzieren, wenn sie Kredite an Privatkunden ausgeben, damit diese neue Immobilien finanzieren können - dass für die Bank die Refinanzierungskosten auch steigen.
Die Refinanzierungskosten der Banken sind gestiegen - Die geben sie weiter
Dann werden die Zinsen auch steigen müssen, weil die Bank die entsprechende Marge draufsetzt und das an den Endkunden weitergibt. Also insofern sehe ich das auch so, dass sich die Zinsen zumindest nicht deutlich nach unten bewegen werden. Sie werden tendenziell eher noch weiter nach oben gehen, denn wir haben ja Inflationsraten im Moment von knapp über acht Prozent. Also insofern stimme ich Michael zu: Ich sehe das auch so - wenn jemand finanzieren muss oder sich den Traum, die Immobilie zu kaufen, erfüllen möchte, dann sollte er jetzt noch schnell handeln. Es gibt auch diesen Begriff der „FOMO“: Fear of missed offer. Also die Angst, jetzt quasi die letzten Angebote zu verpassen. Insofern werden in den A-Lagen in Großstädten wie Hamburg, Köln oder Düsseldorf die Preise erst einmal nicht fallen, weil die Nachfrage einfach noch da ist, diese Angst jetzt noch schnell was kaufen zu wollen. In den B-Standorten denke ich, dass es durch Lockdown und durch Home Office attraktiver geworden ist, auch vielleicht ein bisschen außerhalb zu wohnen, etwa 20, 30 Kilometer außerhalb von Köln, weil man eben nicht mehr jeden Tag ins Büro nach Köln fahren muss. Also insofern sind auch die B-Standorte attraktiv und diejenigen, die sich vorher vielleicht überlegt haben, in Köln eine Immobilie zu kaufen, die denken jetzt vielleicht darüber nach, ein bisschen weiter rauszuziehen und da eine für sie finanzierbare Immobilie zu erwerben. Das ist so ein bisschen dieses Prinzip der kommunizierenden Röhren, ich kenne das noch aus der Schule: Der Wasserstand ist auf beiden Seiten gleich.
Üben die steigenden Zinsen Druck auf die Immobilienpreise aus?
Wenn Druck auf die Zinsen ausgeübt wird, steigen die Immobilienpreise, weil auf einmal eine größere Käuferschicht Immobilien nachfragt. Jetzt ist es eher umgekehrt: Die Zinsen steigen und damit wird praktisch Druck ausgeübt auf die Immobilienpreise. Das ist so der Effekt, den ich sehe. Ich habe aktuell mit einem Kunden gesprochen, der gesagt hat, hätte ich doch vor einem halben Jahr noch die Immobilie gekauft: da hätte sie ihn im Monat 2.100 Euro gekostet. Das wäre für ihn finanzierbar und tragbar gewesen. Jetzt liegt sie bei 3.200 Euro und jetzt, sagt er, wäre sein Budget damit überstrapaziert.
Mustafa Behan: Also die eine Sache, die klar und stabil ist: Unklarheiten und Instabilitäten bleiben wohl. Und dann ist dies auf jeden Fall ein Thema, zu dem man gute Finanzberatung in Anspruch nehmen muss, bevor man sich auch so ein Wagnis einlässt, und insgesamt besonders viel gegeneinander abwägen muss, gerade in den jetzigen Zeiten.
Ich danke Euch für die Einblicke und wenn Sie jetzt Lust auf Immobilienfinanzierungen haben oder wenn Sie sagen, Sie möchten für ein Finanzierungsvorhaben Hilfe in Anspruch nehmen, um dort Unklarheiten auszuräumen - sowohl Michael Gemke, als auch Artur Strauss sind beide auf WhoFinance verfügbar, ansprechbar in Bonn, in Frankfurt oder über Video.