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Baufinanzierung, Geldanlage, Vorsorge – Finanzberater*innen beantworten die wichtigsten Fragen

Baufinanzierung: Wie entwickeln sich die Zinsen?

Christian Schneider ist von der Deutsche Private Finance GmbH und erklärt im Interview die Entwicklung des Zinsniveaus.

Die Baufinanzierungszinsen sind in den letzten Monaten dramatisch und häufig gestiegen. Menschen mit dem Wunsch, sich eine Immobilie zu kaufen, stellen sich die Frage, wie weit die Entwicklung noch so weitergehen kann. Darüber sprechen wir heute mit Christian Schneider von Deutsche Private Finance


Steigen die Baufinanzierungszinsen so weiter?


Fabienne Seiam: Herr Schneider, können Sie uns sagen, wohin die Baufinanzierungszinsen gehen? 
Antwort: Ja, Frau Seiam, das ist eine wirklich wichtige Frage, die sehr viele Menschen gerade im Moment umtreibt, denn eines ist klar: die Zinsen für Baufinanzierungen sind in diesem Jahr schon von durchschnittlich 1 Prozent auf ungefähr 3 Prozent im Schnitt gestiegen. Das bedeutet ja, dass man heute dreimal so viel an Zinsen bezahlen muss, wie noch vor einem halben Jahr. Das ist schon krass, denn die Kosten für Modernisierung und Sanierung sind ja zeitgleich auch noch gestiegen, auch die Kosten für Baustoffe aber auch für Energie. Hingegen sind die Immobilienpreise nicht gesunken. Somit kommt tatsächlich schnell das Gefühl auf, dass es so nicht weitergehen kann. Und doch gibt es Stimmen, die von weiter steigenden Zinsen ausgehen, die also bis Ende des Jahres von 6 oder 7 Prozent an Baufinanzierungszinsen sprechen. 

Werden die kurzfristigen Zinsen steigen?


Die kurzfristigen Zinsen werden dieses Jahr mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit steigen - das gilt als nahezu sicher. Doch für die Immobilienbesitzer und Immobilienkäufer sind die langfristigen Zinsen viel wichtiger. Deshalb ist die Frage, was für weiter steigende Zinsen spricht: beispielsweise die Inflation. Die Inflation ist hoch und bleibt es wohl auch. Die EZB wird sich von der Politik des lockeren Geldes Stück für Stück verabschieden, so dass der kurzfristige Zins besonders ansteigen wird. Aufgrund der fehlenden Ankaufprogramme der EZB werden aber auch die langfristigen Zinsen weiter steigen. Somit kann es sein, dass die langfristigen Zinsen in den nächsten 12 bis 24 Monaten tatsächlich in Richtung der 6 Prozent marschieren - was von heute angesehen noch mal einer Verdopplung gleichkäme. 

Auf der anderen Seite: Was spricht denn gegen weiter stark steigende Zinsen? Insbesondere die Staatsschulden. Wir stellen uns kurz vor, Deutschland, Italien, Frankreich, Griechenland und alle anderen müssten auf einmal auf ihre Staatsschulden auch wieder Zinsen in Höhe von 5,6 oder 7 Prozent bezahlen. 

Können sich denn die Staaten steigende Zinsen leisten?


Da braucht man kein Prophet zu sein, um zu erkennen, dass sich das die meisten Staaten nicht leisten könnten und dies vielleicht sogar das eine oder andere Land in den Ruin treiben würde. Und damit wäre die gesamte Stabilität der EU durchaus gefährdet. Das heißt, politisch könnte es sein, dass genau das verhindert werden soll - getreu dem Motto des damaligen EZB-Chefs und späteren Ministerpräsidenten von Italien, Mario Draghi, der einst sagte „Whatever it takes.“ 

Wenn ich also als Zins-Orakel in meine Glaskugel schaue, dann ist es wohl am wahrscheinlichsten, dass die finanzielle Repression ausgeweitet wird. Ein schlimmes Wort - klingt schlimm, ist es tatsächlich auch. Zum Thema Finanzrepression habe ich bereits vor 2,3 Jahren ein entsprechendes Video aufgenommen, für alle, die es genauer wissen wollen. Kurz zusammengefasst: Hohe Inflation, gleichzeitig moderate Zinsen, so dass alle, die Vermögen haben, schleichend enteignet werden - und es so den Staaten ermöglicht wird, sich real zu entschulden. 

Ruhe bewahren - und auf die Zinsbindung achten


Doch was bedeutet das jetzt konkret für Immobilienbesitzer, die bereits eine Finanzierung haben? Da kann ich sagen „ruhig bleiben“, insbesondere wenn die Zinsbindung, die jemand vereinbart hat, von heute an noch länger als fünf Jahre läuft. Läuft die Zinsbindung aber ungefähr in den nächsten drei Jahren aus, sollte man sich aber bitte jetzt schon von einem unabhängigen Finanzierungsexperten prüfen lassen, ob es nicht vielleicht Sinn macht, über ein sogenanntes Forward Darlehen den heutigen Zins zu sichern für in einem, zwei oder drei Jahren, je nachdem wann die Zinsbindung ausläuft. Das kann sich ganz fantastisch lohnen, aber nicht für jeden.  Hier empfehle ich ganz klar eine Einzelfallprüfung.  

Fabienne Seiam: Und was ist jetzt mit denen, die jetzt eine Immobilie kaufen wollen? 
Christian Schneider: Ja, wenn Sie jetzt die passende Immobilie gefunden haben, dann schlagen Sie zu. Auch hier empfehle ich gern 20, 25 oder auch 30 Jahre an neuer Zinsbindung. Sollten die Zinsen weiter steigen, gewinnen Sie. Falls die Zinsen in den kommenden zehn Jahren sinken sollten, dann kommen Sie über ein Sonderkündigungsrecht zehn Jahre nach Vollauszahlung kostenfrei aus Ihrem Darlehen raus und können sich dann die gesunkenen Zinsen auch wieder zunutze machen. Übrigens eine Empfehlung, die wir auch schon in den vergangenen fünf Jahren immer wieder ausgesprochen haben und worüber sich insbesondere die Kunden, die mit uns in den letzten Jahren finanziert haben, riesig freuen. 

Soll ich mir jetzt noch die günstigen Zinsen sichern?



Vielleicht ein letzter Punkt für heute zum Thema „wohin gehen die Zinsen“?“ Gehen Sie jetzt nicht den ganzen Turboverkäufern und Angstmachern auf den Leim. Die laufen gerade überall da draußen herum und wollen Bausparverträge verkaufen. Herumlaufen meint auch, dass die in den Banken oder Bausparkassen sitzen - aber auch freie Finanzdienstleister. Das Argument: jetzt noch schnell einen Bausparvertrag abschließen, um sich die günstigen Darlehenszinsen auf Dauer zu sichern. Ja, das kann eine gute Idee sein, wenn Sie jetzt schon wissen, dass Sie in den kommenden Jahren eine Immobilie kaufen oder bauen werden und schon heute wissen, wie teuer das ganze werden wird und mit welcher Bank sie denn finanzieren wollen. Nicht jede finanzierende Bank akzeptiert am Ende jeden Bausparvertrag. 

Ist Bausparen die beste Lösung? 


Aufgrund der hohen Abschlusskosten, der laufenden Kontoführungsgebühren, der sehr geringen Guthabenverzinsung und teils sogar noch ich sag mal „frechen“ Darlehensgewährungsgebühren kann dies am Ende sehr teuer werden. Außer für den, der es ihnen heute verkauft: er verdient damit garantiert gutes Geld, aber im Zweifel leider auf ihre Kosten. Auch hier bitte unbedingt eine individuelle Beratung von einem unabhängigen Finanzierungsberater in Anspruch nehmen, denn dieser sollte auch bei Bausparverträgen aus einer Vielzahl an Anbietern auswählen können. Je nach Einzelfall kann sich das Ganze lohnen, insbesondere dann, wenn Sie, wie gesagt, schon das passende Objekt gefunden haben oder kurz davor sind. Je konkreter sie dort sind, desto eher kann es Sinn machen. Es ist immer gut, finanzschlau zu sein oder zu werden - egal wie sich am Ende des Tages die Zinsen entwickeln. 


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