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Baufinanzierung, Geldanlage, Vorsorge – Finanzberater*innen beantworten die wichtigsten Fragen

Wie findet man die passende Anschlussfinanzierung?

Artur Strauss und Michael Gemke sind Top-Berater von MLP und sprechen im Interview über interessantesten Punkte zum Thema Anschlussfinanzierung.

Für die meisten Menschen ist die Baufinanzierung das größte wirtschaftliche Risiko, das sie in ihrem Leben eingehen. Durch höhere Zinsen auf der einen Seite und den Preisanstieg bei den Objekten auf der anderen Seite, ist die Entscheidung nicht einfacher geworden. 
Für diejenigen, die diese Entscheidung schon hinter sich haben und die sich in den nächsten Jahren vielleicht mit der Anschlussfinanzierung beschäftigen müssen, stellt sich die Frage, wie sie sich jetzt noch die Zinsen für eine Anschlussfinanzierung sichern können, die jetzt gerade die in ein zwei oder drei Jahren vielleicht auf dem Horizont auftaucht. 


Soll ich jetzt Zinsen für auslaufende Finanzierung sichern?


Mustafa Behan: Darüber spreche ich heute mit Artur Strauss und Michael Gemke, beide Finanzberater von MLP. Artur, Du bist in Bonn, Michael, Du bist in Frankfurt. Ich danke Euch beiden, dass Ihr Euch heute die Zeit nehmt. 

Also, Artur, was rätst Du Kunden, die sagen, meine Anschlussfinanzierung wird bald fällig, die Zinsen gehen vielleicht ein Stück weit nach oben, EZB haben wir letzte Woche ja gesehen, dass dort die Richtung eher nach oben ist. Was rätst Du Kunden, die sagen, ich möchte jetzt vielleicht noch ein bisschen günstige Zinsen sichern? 

Artur Strauss: Vielen Dank, Mustafa. Also die Zinssituation in den Monaten seit Jahresanfang hat sich dramatisch verschärft für diejenigen, die ein Immobiliendarlehen brauchen, bzw. eben jetzt auch schon ein bisschen die Sorge haben, dass ihr günstiger Darlehenszins in ein, zwei oder drei Jahren ausläuft. Die Zinsen haben sich von unter 1 Prozent für die 10 Jahres-Konditionen seit Jahresanfang auf 3-3,5 Prozent erhöht. Da sieht man mal, worin die Dramatik liegt. Es ist im Moment nicht davon auszugehen, dass die Zinsen fallen werden. Bestenfalls bleiben sie auf demselben Niveau und wenn es ganz hart kommt, dann werden sie noch weiter steigen. Warum? Weil die EZB versucht, die Inflationsrate, die ja hoch ist, das kriegen wir alle mit, einzudämmen. Dafür erhöht sie die Leitzinsen und wenn sie die Leitzinsen erhöht, dann erhöht sich auch der Zins zur Refinanzierung von Banken für Darlehen. 

Geben Banken höhere Kosten an Kunden weiter?


Diese erhöhten Kosten geben sie natürlich an den Endkunden, an den Darlehensnehmer weiter. Wenn wir davon ausgehen, dass die Zinsen weiter steigen, wäre es jetzt an der Zeit, mal darüber nachzudenken und sich Angebote einzuholen, wie denn der Zinssatz aussähe, wenn man für in ein, zwei oder drei Jahren sich jetzt schon den Zins sichert. Man kann dann ausgehen von Zinsaufschlägen für einen Zins in drei Jahren von vielleicht 1 bis 1,5 Prozent. Also, wir liegen dann schon irgendwo bei einem Anschlusszins von vier oder sogar fünf Prozent. Das sind Zinsen, von denen sind diejenigen, die sich jetzt mit einer Anschlussfinanzierung befassen, wahrscheinlich ganz weit weg. Vielleicht ist es eine Verdopplung, Verdreifachung oder sogar eine Vervierfachung der Zinsen. Insofern sollte man jetzt wirklich ernsthaft darüber nachdenken, sich diesen Zins zu sichern, wenn man davon ausgeht, dass der Zins noch weiter steigen könnte als vier Prozent. 

Wenn man jetzt sagt, ok, ich gehe das Risiko ein und guck mal, ich warte das jetzt noch mal ab: vielleicht geht die Inflationsrate wieder runter und dann senkt die EZB wieder den Leitzins oder die Wirtschaft kommt ins Stocken - dann werden die Leitzinsen auch wieder gesenkt dann wird sich auch an dem Zinsumfeld wahrscheinlich nicht viel tun. Wenn man das jetzt mal abwarten möchte und sagt, ok bei der nächsten Zinssteigerung, da mache ich dann meine Anschlussfinanzierung fest, dann ist das mit Sicherheit eine gute Strategie. 

Soll ich die Möglichkeit der Sondertilgung nutzen?


Was man bis dahin - und das ist meine Empfehlung - auch tun sollte und tun kann, ist vor diesem Hintergrund bis zum Zinsbindungsende zu gucken, ob man Sondertilgungen in dem Vertrag eingebaut hat, dass man, wenn es geht, sondertilgt und vielleicht den Tilgungssatz erhöht, um bei der Anschlussfinanzierung ein möglichst geringes Darlehen finanzieren zu müssen. Dadurch kann man so ein bisschen die gestiegenen Zinsen kompensieren. Also ich denke, man muss sich die individuelle Situation angucken, wie es beim Kunden aussieht und wie das dann auch in die gesamte Finanzplanung und Liquiditätsplanung reinpasst. 

Mustafa Behan: Michael, siehst Du das, was Artur gerade beschrieben hat, auch bei Deinen Kunden? Ist das ein Problem, das Deine Kunden auch haben? 
Michael Gemke: In jedem Fall. Ich bin ja jetzt schon seit über 25 Jahren in der Branche, das heißt, eine dreiprozentige 10 Jahres-Kondition würde mich jetzt, historisch gesehen, nicht schocken. Ich kann mich erinnern, dass ich meine erste Immobilie mit über 6 Prozent finanziert habe. Das heißt, historisch gesehen ist es natürlich immer noch relativ günstig. 

Auf der anderen Seite hat man damals, Anfang der 2000er, auch noch ganz andere Guthabenzinsen gehabt, die wir jetzt nicht haben und wir hatten eine deutlich geringere Inflation als heute. Also wir haben im Grunde heute an verschiedenen Ecken nur Nachteile:  niedrigen Guthabenzins beziehungsweise so gut wie keinen Guthabenzins. Die Banken überlegen ja jetzt gerade, den „Strafzins“ rauszunehmen. Daran sieht man ja, was passiert.  Also müsste man Geld mitbringen, dass man sein Geld irgendwo hinlegen darf. 
Gleichzeitig steigen jetzt doch die Bauzinsen so stark an. Wenn man mal den Basiseffekt nimmt, sprechen wir von 300%. Da rauft man sich die Haare. Und wir haben auf der anderen Seite eine Situation, dass wir zumindest jetzt schon über acht Prozent Inflation haben. Dabei ist ja immer die Frage, welchen Warenkorb man überhaupt voranbringt. Gefühlt weiß man ja, wenn man einkauft, dass man an vielen Stellen auch 20, 30 Prozent Inflation hat - oder noch viel mehr, je nachdem in welcher Branche man tätig ist. Wenn man sich mal Baustoffe und so weiter anguckt, dann haben wir auch mehrere hundert Prozent. Also das macht die Frage insgesamt komplex und schwierig, weil die eigentlichen Regeln, die sonst immer gelten, ausgehebelt sind. 

Gab es schon höhere Zinsen? 


Dass man also spiegelbildlich, wenn der Zins auf der einen Seite höher ist, auf der anderen Seite auch einen höheren Guthabenzins hat und so weiter und das ein bisschen ausgleichen kann. Es beantwortete die Frage noch nicht, aber wenn man jetzt wieder auf die Grundfrage zurückgeht, dann muss man sich natürlich überlegen, wie lange es denn perspektivisch dauert, bis ich wieder prolongieren muss. Und da bin ich bei Artur:  Ich kann mir überlegen, beispielsweise, wenn ich noch drei Jahre Zeit habe, entweder mein Sondertilgungsrecht noch wahrzunehmen. Das heißt, wenn ich jetzt beispielsweise aus einer 10-Jahresfrist komme, habe ich ja schon sieben Jahre getilgt, vielleicht auch schon Sondertilgungen wahrgenommen. Das noch fortzuführen, kann durchaus sinnvoll sein und auch den aktuellen Tilgungssatz einfach erhöhen. Wenn ich weiß, dass ich demnächst sowieso zwei oder drei Prozent mehr zahlen muss, als ich bisher bezahlt habe, dann kann ich das ja auch monatlich jetzt schon mal draufpacken. Das schadet schon einmal nicht. Also, da kann ich ein bisschen was an der Schraube drehen. Und wenn ich beispielsweise für drei Jahre ein Forward-Darlehen, so nennt man ja das Darlehen, das mir im Grunde die Zinsen von heute mit einem Aufschlag für dann sichert, wenn ich das schon festmache, dann muss ich eben davon ausgehen, das sagte der Artur schon, dass die Zinsen dann eher bei vier viereinhalb oder sogar noch höher auf die 10 Jahres-Kondition bezogen liegen. Und das ist sehr, sehr schwer einzuschätzen. 

Wie kann ich die passende Anschlussfinanzierung finden?


Meiner Meinung nach könnte es in drei Jahren, wenn wir irgendwo in eine Rezession kommen sollten, wieder dazu führen, dass durch die monetäre und Fiskalpolitik die Zinsen eher wieder nach unten gezogen werden müssen. Das müsste sich dann auch wieder auf den Immobilienfinanzierungszins auswirken. Also ich würde mir das überlegen. Je nachdem wie die Situation ist, muss man sich individuell absprechen: Sind viereinhalb Prozent, die dann vielleicht anstehen, hoch oder niedrig? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn er sagt, ich will das lieber absichern, denn damit kann ich dann kalkulieren und die Restschuld kann ich dann auch tragen – dann machen.  Und wenn man sagt, na gut, soviel habe ich ja nicht mehr, eventuell kann ich das Darlehen auch ablösen - oder ich will die Immobilie beispielsweise auch verkaufen, das kann ja auch in drei Jahren oder so vielleicht auch der Fall sein, dann kann man auch noch abwarten. Würde ich aber wirklich individuell entscheiden.

Mustafa Behan:: Tausend Dank! Das ist ja ein Thema, wo wahrscheinlich im Moment auch die ein oder andere Angst in den Köpfen entstehen kann. Ich kann das gut verstehen. Das ist jetzt mit Sicherheit keine einfache Entscheidung, die man noch einmal treffen muss, über die Prolongation. Danke Euch für die Aufklärung! 

Und wenn Sie jetzt Lust haben oder Bedarf haben, noch so ein bisschen über ihre Anschlussfinanzierung nachzudenken: Michael Gemke ist in Frankfurt verfügbar und Artur Strauss berät aus Bonn und Umgebung und alle beide sind auch über Video auf WhoFinance auffindbar. Da haben Sie die Möglichkeit, sich einen Fachmann und Expertenrat einzuholen, der vielleicht jetzt ganz besonders wichtig ist. 


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